Die Geschichte der Gasbeleuchtung der Wiener Hofburg
1845 übernahm die Imperial Continental Gas-Association, die nach ihrem Firmensitz in London gewöhnlich "Englische Gasgesellschaft" genannt wurde, die Beleuchtung der Inneren Stadt, später auch die der Vorstädte. Bereits 1847 wurden die Basteien, das Glacis und der äussere Burgplatz einbezogen.
Das Repertoire an Beleuchtungskörpern der englischen Gasgesellschaft bestand in den ersten dreissig Jahren ihrer Tätigkeit in Wien lediglich aus bündelpfeilerförmigen gusseisernen Kandelabern und so genannten vierscheinigen Laternen (und Wandarmen) jeweils in zwei Grössen (Abb. 14, 15).
Abb14: Grosser englischer Gaskandelaber, Höhe mit Laterne 2,90 m. Zeichnung Kupf.
Abb 15: Kleiner englischer Gaskandelaber, Höhe mit Laterne 2,90 m. Zeichnung Kupf.
Während auf Photos vom Heldenplatz vor 1904 ausschliesslich die beschriebenen Beleuchtungskörper festzustellen sind, sieht man auf älteren Aufnahmen vom Volksgarten einen Kandelabertyp, der von den Engländern normalerweise nicht verwendet wurde. Es könnte sich dabei um Material aus dem Fundus der Vorgängergesellschaft handeln, 2 welche bis 1845 die öffentliche Gasbeleuchtung betrieb (Abb. 16).
Abb 16: Älterer mehrarmiger Gusseisengaskandelaber ohne Laternen im Volksgarten um 1880. PHM
Erstmals sind auf einem von Stadtbaudirektor Cajetan Schiefer dem Bürgermeister Johann Caspar v. Seiller gewidmeten Plan von 1851, als die Gasbeleuchtung auch im Volksgarten eingeführt war, auch die Laternenstandorte angegeben (Abb. 17).
Abb17: Cajetan Schiefer, "Darstellung der Gasbeleuchtung von Wien" Stand von 1851. Die Korrektur von 1862 zeigt bereits die provisorisch angelegte Ringstrasse bis zum Burgtor und die Standorte der projektierten Denkmäler. Die durch einfache schwarze Punkte dargestellten Leuchten brennen bis Mitternacht, eingeringelte Punkte bedeuten ganznächtig brennende Flammen. Archiv der Stadt Wien.
Eine interessante Vedute ist die von Rudolf v. Alt gezeichnete Vogelschau auf denäusseren Burgplatz, die nicht nur die 1862 demolierten Wälle zeigt, ebenso das 1859 fertig gestellte Erzherzog Karl-Denkmal, sondern auch die alte Strassen- bzw. Wegführung, die auf Schiefers Plan bereits 1851 in die Achse zwischen den Denkmälern verlegt ist. Die Darstellung der Beleuchtung dürfte somit wenig mit den tatsächlichen Verhältnissen in jener Zeit zu tun haben.
Durch den Bau der Neuen Hofburg sind Standorte vielfach geändert oder gar überflüssig geworden, doch dürften einige der Kandelaber, wenn auch mit anderen Leuchten versehen, etwa hundert Jahre auf dem selben Platz gestanden sein. Dies trifft vor allem auf die 10 Kandelaber um das Erzherzog-Karl-Denkmal zu (vgl. Schiefers Plan mit dem Reiffenstein-Photo von 1941.) Ähnlich dürfte es sich mit den Kandelabern verhalten haben, die entlang des Leopoldinischen Traktes der Hofburg und gegenüber der Volksgarteneinfriedung aufgestellt waren.
Eine wesentliche Erweiterung erfuhr die Gasbeleuchtung im Hofburgbereich durch die Laternen auf dem 1862 errichteten gusseisernen Einfriedungsgitter.
Bis 1899 war die Beleuchtung von Volksgarten und Heldenplatz (diese Bezeichnung wurde nach Fertigstellung der beiden Heldendenkmäler üblich) so, wie sie einheitlich in ganz Wien bestanden hat. Der Kaisergarten war nach wie vor unbeleuchtet.
Die Umstellung auf kommunale Gasversorgung in den inneren Bezirken ab 1. November 1899 umfasste auch den Austausch der englischen Laternen gegen neue, städtische (Abb. 25).
Abb 25: Äusseres Burgtor, Ringseite. Blick zur Neuen Hofburg, um 1900.Die Laterne unmittelbar vor dem Tor wird erst 1904 getauscht. PHM
Im Volksgarten und auf dem Heldenplatz hingegen wurden analog der noch bis 1912 den privaten Gesellschaften verbliebenen Gebiete lediglich die bis dahin üblichen, unwirtschaftlichen Schnittbrenner gegen Auer-Glühlichtbrenner mit stehenden Glühstrümpfen, die bei gleichem Gaskonsum wesentlich mehr Licht abgaben, ausgetauscht (Abb. 20).
Abb20: Blick über den Heldenplatz vom Volksgarten um 1900. PHM
Im Jahr 1904 führte das Obersthofmeisteramt ergebnislose Verhandlungen mit der Gemeinde Wien wegen der Beleuchtung des äusseren Burgplatzes durch elektrische Bogenlampen. Schließlich kam es ein Jahr später zur Auswechslung der "Gaslaternen(köpfe) alter Form" (englische) gegen "neue" (kommunale) (Abb. 26).
Abb 26: Heldenplatz, Englischer Kandelaber mit kommunaler Laterne, Blick gegen den Leopoldinischen Trakt der Hofburg. Nach 1904. PHM
Im Volksgarten wurde diese Umrüstung gleichzeitig, spätestens aber bis ca. 1910 durchgeführt. Sicher noch vor dem Ersten Weltkrieg sind auf dem der Neuen Hofburg zugekehrten Teil des Heldenplatzes und auf der Verbindungsstrasse zwischen Burgtor und innerem Burgplatz auch die englischen Kandelaber gegen kommunale ausgetauscht worden, wobei auch neue und zusätzliche Standorte gewählt wurden.
Der Anlass war vermutlich die Entfernung der Bauhütten nach Abschluss der Aussenarbeiten an der erst im Jahr 1913 fertig gestellten Neuen Hofburg (Abb. 27).
Abb27: Heldenplatz, Kommunaler Kandelaber mit Laterne vor dem Leopoldinischen Trakt der Hofburg.
Infolge der wegen Kohleknappheit notwendigen Sparmassnahmen während der Kriegsjahre wurden entbehrliche Laternenköpfe abgenommen, zwischen dem Burgtor und dem inneren Burghof betraf es die Hälfte der Lichtpunkte (Abb. 28), wobei die verbliebenen mit Sparbrennern ausgestattet wurden.
Abb28: Blick aus dem Leopoldinischen Traktes der Hofburg gegen das äussere Burgtor. Photo aus Bruno Grimschitz: "Die Wiener Ringstrasse" vor 1923
Die Neuinstallation nach der Normalsierung der Gasversorgung um 1923 erfolgte mit den gleichen Laternen, jedoch bereits mit Zünd- und Löschuhren (Abb. 30, innerhalb der Lyra), welche die tägliche Bedienung durch den Laternanzünder überflüssig machten. Mehr Licht bei gleichem Gasverbrauch brachte die Ausstattung mit vierflammigen Gruppenlichtbrennern (Abb. 30) nach 1935.
Abb30: Photo Kupf
VERBESSERUNG DER GASBELEUCHTUNG
In den Jahren nach 1938 wurden auf dem Heldenplatz die Laternen auf den kommunalen Kandelabern in Etappen gegen solche für Niederdruck- Starklicht getauscht (Abb. 31, 32), wie sie heute in elektrifizierter Form auf der Ringstrasse in Verwendung sind. Die Umrüstung dürfte jedenfalls noch vor dem Krieg abgeschlossen worden sein.
Nach Entfernung aller Laternenköpfe gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurden diese mit Ausnahme derjenigen im Volksgarten erst ab ca. 1947 wieder montiert und in Betrieb genommen.
Der ehemalige Kaisergarten war erst 1919 dem Publikum geöffnet, und wahrscheinlich auch ab dieser Zeit beleuchtet worden, und zwar nur entlang der Fahrstrasse. Zur Aufstellung gelangten kommunale Leuchten der kleinen Type (für Parkanlagen), die den Krieg überdauert hatten, aber nachher nicht mehr weiterverwendet worden waren.
1845 kaufte die Imperial Gas Association die Anlagen der Ersten österreichischen Gas-Gesellschaft des Apothekers Georg Pfendler, der 1838 die öffentliche Gasbeleuchtung in der inneren Stadt eingeführt hatte.
Ein Plan von 1849 zeigt nebeneinander Gasbeleuchtung auf dem Heldenplatz und noch Ölbeleuchtung im Volksgarten
Mit freundlicher Genehmigung von Hr. Prof. Mag. Martin Kupf
Auszug aus der Zeitschrift "Steine sprechen" der österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege.